Wie viel Inspiration liegt in der Leere/Ruhe?

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Die Kraft der Leere: Warum Ruhe der Schlüssel zu echter Transformation ist

Kennst du das Gefühl, wenn nach intensiven Phasen der persönlichen Entwicklung plötzlich eine seltsame Leere entsteht? Ein Zustand, der weder euphorisch noch negativ ist – einfach nur ruhig? In unserem hektischen Alltag neigen wir dazu, solche Momente als langweilig abzutun oder sofort mit neuen Aktivitäten zu füllen. Doch genau in dieser Leere liegt ein ungeahntes Potenzial für tiefgreifende Transformation.

Im Folgenden teile ich mit dir wertvolle Erkenntnisse aus einem Gespräch zwischen den Coaches Birgit Weiglein und Nike Hornbostel, die diesem besonderen Zustand auf den Grund gegangen sind. Du erfährst, warum die vermeintliche Leere in Wahrheit ein Geschenk ist und wie du sie für deine persönliche Entwicklung nutzen kannst.

Die Leere verstehen: Mehr als nur Langeweile

Was oft als Langeweile oder mangelnde Inspiration missverstanden wird, ist in Wirklichkeit ein wertvoller Seinszustand. Nike Hornbostel beschreibt diesen Zustand so: „Obwohl im Außen eine enorme Fülle ist und eine Vielfalt und eine Aktivität, nehme ich mich so wahr, wie bei mir so eine Leere innerlich ist. Es ist nicht mehr diese Euphorie, dieses Boom Boom Boom oder auch nicht mehr so ein Hauch von Depressiven, sondern es ist einfach ruhig.“

Diese Ruhe oder Leere entsteht oft nach intensiven Phasen der Selbstreflektion und persönlichen Veränderung. Sie zeigt sich als ein Moment des Ankommens, in dem sich Erkenntnisse setzen dürfen. Es ist der Raum zwischen den Aktivitäten, in dem das Neue verarbeitet wird und sich integrieren kann.

Birgit Weiglein ergänzt diesen Gedanken: „Das ist eigentlich das, was wir die ganze Zeit anstreben, dieses Mit-sich-gut-Sein. Und wir brauchen eben gerade keine Bewegung, wir brauchen keine aktive Inspiration, mit der wir uns wieder neu beschäftigen.“

Die zwei Gesichter der Transformation

Äußere Transformation Innere Transformation
Umzug in ein anderes Land Entwicklung von Gelassenheit
Renovieren der Wohnung Kontakt zur inneren Stimme
Änderung der Ernährung Loslassen von Bewertungen
Neue Frisur oder Kleidungsstil Balance zwischen Innen und Außen
Sichtbare, schnelle Veränderungen Subtile, nachhaltige Veränderungen

Im Prozess der persönlichen Entwicklung erleben wir oft sowohl äußere als auch innere Transformationen. Während die äußeren Veränderungen leicht sichtbar und gesellschaftlich anerkannt sind, findet die tiefere, nachhaltigere Transformation in der Stille statt – in jenem Raum der Leere, den wir so oft zu meiden versuchen.

„Es gibt kein richtig und kein falsch. Also es gibt manche Menschen, die brauchen diesen bewussten Ausstieg in eine andere Umgebung. Sich mit anderen Sachen auseinandersetzen, vielleicht mit Sachen, die ihnen sehr viel Freude bereiten. […] Letztendlich ist es wichtig herauszufinden, was für ein Typ bin ich, was hilft mir, das Innere für mich besser sichtbar und vor allem fühlbar zu machen.“ – Birgit Weiglein

Der Mut zur Leere: Warum wir das Nichtstun aushalten dürfen

In einer Gesellschaft, die Produktivität und ständige Beschäftigung glorifiziert, braucht es Mut, in der Leere zu verweilen. Doch genau dieser Mut wird belohnt: „Es braucht Mut, trotz alledem sitzen zu bleiben und zu warten. Was kommt und es kommt also hundertprozentig was“, betont Birgit.

Diese Leere ist kein passiver Zustand, sondern ein aktives Sein. Es ist wie ein weißes Blatt Papier – nicht leer im Sinne von Mangel, sondern voller Potenzial für Neues. In diesem Raum entsteht eine besondere Art von Gelassenheit, in der du nicht mehr gegen dich selbst oder die Außenwelt ankämpfst.

Interessanterweise ziehst du in diesem Zustand oft genau die richtigen Menschen und Möglichkeiten an. Nike beschreibt diese Erfahrung: „Und dann kommen Leute und fragen: ‚Hey, wollen wir uns nächste Woche mal treffen?‘ ‚Hey, ich hab da so eine Idee.‘ Es kommen dann auch so Stimmen oder Menschen, weil dieses Leere so… ‚Warte mal, der war doch noch mal irgendwie…'“

Von der Bewertung zur Beobachtung: Ein neuer Blick auf die Welt

Ein faszinierender Aspekt dieses Leere-Zustands ist das Nachlassen des ständigen Bewertens. Während wir normalerweise blitzschnell alles einordnen und beurteilen, erleben wir in der Leere eine Art neutrales Beobachten.

„In dieser Leere ist es halt wirklich, dass das liest so durch. Ist so und da denke ich so, ja geil. Ich bewerte es halt wirklich nicht mehr. Also manchmal kommt dann irgendwie, weil das auch auszuhalten… Irgendwann kommt so ein altes… ‚Du hast aber schon ewig nicht mehr bewertet.'“ – Nike Hornbostel

Diese Fähigkeit, die Welt ohne sofortige Bewertung wahrzunehmen, schafft einen ganz neuen Zugang zur Realität. Es entsteht eine Balance zwischen deiner inneren und äußeren Welt, in der beides gleichberechtigt nebeneinander existieren darf. Birgit beschreibt es als „Harmonie“, für die ihr noch die passenden Worte fehlen – ein Zustand des Gleichgewichts ohne Gegensteuern.

Praktische Schritte, um die Leere zu umarmen

  1. Erkenne den Zustand an: Statt die Leere als Problem zu sehen, benenne sie als wertvollen Teil deines Entwicklungsprozesses
  2. Finde deine eigenen Worte: Überlege, wie sich dieser Zustand für dich anfühlt und welcher Begriff ihn am besten beschreibt – Leere, Ruhe, Gelassenheit?
  3. Übe dich in Geduld: Widerstehe dem Impuls, die Leere sofort mit Aktivitäten zu füllen
  4. Beobachte ohne zu bewerten: Nimm wahr, was in diesem Zustand von selbst entsteht
  5. Umarme die Verunsicherung: Die anfängliche Irritation ist normal und darf sein

Birgit rät: „Versucht euch mal so ein bisschen imaginäre Umarmung vorzustellen. Das ist dieses Nicht-Erschrecken, vielleicht erstmal innehalten auch wenn es erst mal ungewohnt ist, wenn so eine Ruhe ums Eck kommt. Man ist zwischendurch jetzt aufgrund der Beschäftigung, weil man sich immer mit sich beschäftigt, erst mal irritiert. Also alles erst mal so ein bisschen, was verunsichert wirkt, ein bisschen umarmen, versucht es mal zu umarmen – und ich sage euch, das ist sehr wertvoll.“

Fazit: Die Leere als Quelle der Fülle

Was als Leere beginnt, offenbart sich bei näherer Betrachtung als Quelle neuer Fülle. Es ist eine Schwerelosigkeit, in der du weder am Boden haftest noch durch die Decke fliegst – ein Schwebezustand, der gleichzeitig Nichts und Alles ist.

Nike drückt es so aus: „In dem Moment, wo ich bemerke, ach so, ich brauch gar nichts, und ich kann damit jetzt auch sein, auch wenn es irgendwie neu ist – ist das jetzt eine gewisse Art von Gelassenheit, kein Gegengewicht und dadurch eine Fülle. Weil ich kann ja dann die Waage so betrachten, dass da nichts ist oder dass da alles ist, und das alles kann ich genauso tragen wie das nichts.“

Ich lade dich ein, deinen eigenen Zustand der Leere oder Ruhe zu erforschen und willkommen zu heißen. Vielleicht entdeckst du darin genau jene Quelle der Inspiration und Transformation, nach der du unbewusst gesucht hast. Denn manchmal müssen wir erst leer werden, um uns wieder neu mit Bedeutsamen füllen zu können.

Welches Wort beschreibt deinen aktuellen Zustand am besten? Und wie gehst du mit Momenten der Leere um? Ich freue mich auf deine Gedanken und Erfahrungen.